
Der Fachtag „#FemHealth2021 – Digitalisierung und Frauengesundheit“ findet statt am 12. Juni 2021. Die Veranstaltung wird im Deutschen Hygiene-Museum (DHMD) als Hybridveranstaltung durchgeführt. Die Teilnahme wird vor Ort und digital möglich sein.
Einladung und Einführung in das Thema des Fachtags
Unsere medizinischen Daten werden in Arztpraxen, Kliniken, bei Krankenkassen und Behörden digitalisiert und zu unterschiedlichen Zwecken genutzt. Medikamente werden online bestellt, Krankschreibungen sind per App erhältlich, „Telemedizin“ nimmt Einzug. Gesundheitsapps und digitale Tracker werden von Frauen bereitwillig genutzt, oft ohne zu wissen, was genau mit ihren Daten geschieht. Internet und Apps steuern inzwischen nicht nur die Art wie wir leben, sie wirken sich auf Gesundheitswissen und auf medizinische Leistungsangebote aus. Am digitalen Umbau
dieser Bereiche sind Frauen weniger beteiligt. Die brandneuen Anwendungen wie Künstliche Intelligenz und Big Data beherrschen weiterhin bekannte Konzerne wie Google, Facebook und Amazon mit ihren Algorithmen.
Im Diskurs um die Digitalisierung des Gesundheitswesens benötigen wir nicht nur den interdisziplinären Austausch unterschiedlicher gesundheitsnaher Berufsgruppen (z. B. Hebammen, Pfleger*innen, Psychotherapeut*innen), sondern auch mit Betroffenen (z. B. Müttern, Migrant*innen, Patient*innen etc.).
Hierzu laden wir herzlich ein – digital und analog.
Programmflyer
Anmeldung
Anmeldeformular (docx)
Anmeldungen bitte an: veranstaltungen@akf-info.de
oder Fax: 030 – 863 934 73
Adresse, Anreise, Unterbringung
Lingnerplatz 1
01069 Dresden
Anreise mit der Bahn
Vom Hauptbahnhof Dresden mit der Straßenbahn Linie 10 in Richtung Striesen bis zur Haltestelle „Georg-Arnhold-Bad/Deutsches Hygiene-Museum“.
Von dort sind es ca. 5 Minuten Fußweg.
Übernachtungsmöglichkeiten (in Dresden)
- Hotel cityherberge, www.cityherberge.de
- Dorint-Hotel, www.dorint.com/dresden
Das Deutsche Hygiene-Museum ist von beiden Hotels fußläufig in ca. 5 Minuten zu erreichen.
Anreise (Webseite des DHMD)
Pressekontakt
Zertifizierung
ab 8.15 Uhr Einlass und Anmeldung vor Ort
Programm
9.00 – 9.15
Begrüßung
Prof. Dr. Ingrid Mühlhauser, Vorsitzende des Arbeitskreises Frauengesundheit
Vorträge
9.15 – 10.00
Manuela Lenzen
Digitalisierung, Big Data, Künstliche Intelligenz: Chancen und Risiken
Abstract
Manuela Lenzen skizziert die verschiedenen Ansätze, „intelligente“ Algorithmen für die Datenanalyse zu finden: die klassische regelbasierte Programmierung und die aktuell so erfolgreichen lernenden Verfahren und zeige Möglichkeiten ihres Einsatzes auf, etwa in Wissenschaft, Gesundheitswesen und Gesellschaft. Dabei geht es auch um die gesellschaftspolitischen Vor- und Nachteile dieser Verfahren, auch im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit.
Referentin
10.00 – 10.45
n.n.
Fußabdruck Digitalisierung! Folgen für Arbeit, Gesundheit, Gleichstellung
Abstract
Es zeigt sich, dass Home-Office und digitale Kommunikationsmittel kein Allheilmittel zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit oder Vereinbarkeit sind. Im Gegenteil kann Homeoffice sogar die traditionelle Arbeitsteilung in einer Partnerschaft verstärken. Dies machen auch die Beobachtungen seit Beginn der Corona-Krise noch einmal deutlich.
Diese „interessierte Selbstgefährdung“, die auch mit bestimmten erwerbszentrierten Männlichkeitsnormen zusammenhängt, kann durch zusätzliche Erwerbsarbeit von Zuhause verschärft werden. Generell geben Mobil-Arbeitende mehr gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Erschöpfung an als Inhouse-Arbeitende, Tele-Arbeitende mehr als Flex-Arbeitende (Fehlzeiten-Report 2019). Die Gesundheitsrisiken sollten geschlechtersensibel betrachtet werden, bezogen sowohl auf bezahlte als auch unbezahlte Arbeit.
10.45 – 11.00 Uhr Kaffeepause
Kurzstatements mit anschließender Diskussion
Wie wirken sich digitale Kommunikation und Datentransfer auf mich selbst und meinen Berufsalltag aus?
Mit
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- Iris Hahn, als niedergelassene Gynäkologin,
- Juliane Sim, als psychologische Psychotherapeutin,
- Katharina Desery, als Vertreterin einer Elterninitiative,
- Liane Döring, als Patientenvertreterin.
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Moderation: Ulrike Hauffe
Die Teilnehmerinnen
Juliane Sim ist psychologische Psychotherapeutin (VT, Erwachsene) mit eigener Niederlassung in Unterwellenborn (Thüringen.) sowie Supervisorin und Dozentin an verschiedenen Ausbildungsinstituten. Sie studierte in Leipzig und absolvierte die Psychotherapieausbildung am Institut für Verhaltenstherapie Brandenburg. Berufspolitisch ist sie aktiv in der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer und dem Deutschen Psychotherapeutentag, dem Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten e.V. m (bvvp) und der Kassenärztlichen Vereinigung.
Katharina Desery ist Gründungsmitglied der Bundeselterninitiative Mother Hood e. V., seit 2017 im Vorstand und verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Social Media-Aktivitäten des Vereins. Mother Hood setzt sich für eine bessere geburtshilfliche Versorgung von Familien ein. Katharina Desery lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern in der Nähe von Köln.
Liane Döring ist eine 46 Jahre alte Mutter aus Leipzig. Sie ist ehrenamtliche Initiatorin und Organisatorin des Endometriose Dialog e. V. Der Verein beschäftigt sich mit Aufklärung, Selbsthilfe und allen Fragestellungen sowohl um diese Krankheit als auch um andere gutartige chronische Unterleibs- und Frauenerkrankungen.
11.45 – 12.30 Uhr
Vortrag
Brigitte Strahwald
Herr Dr. Algorithmus? Über künstliche Intelligenz, Gender Bias und Gesundheit
Abstract
In der Medizin ist der Gender Bias seit Jahren bekannt. So hat die Forschung am männlichen Standardmodell beispielsweise dazu geführt, dass bei Frauen andere Medikamenten-Nebenwirkungen oder Krankheitssymptome nicht erkannt wurden.
Dieses grundlegende Problem setzt sich in der KI im Gesundheitsbereich fort. Verzerrungen in den Datensätzen und Modellen können den Gender Bias weiter verstärken oder sogar regelrecht optimieren. Allerdings gibt es derzeit noch erhebliche Forschungslücken über Ausmaß und Folgen dieses KI-Gender-Bias sowie zu den Lösungsmöglichkeiten. Dabei gilt es nicht zu vergessen: die KI birgt auch große Chancen für Frauengesundheit. Diese gilt es zu erkennen und zu nutzen. Eine gendergerechte KI im Gesundheitsbereich ist möglich – die konsequente Umsetzung muss gemeinsam eingefordert werden.
Referentin
Podiumsdiskussion
12.30 – 13.15
Alles digital? Hoffnung und Sorgen zu Gesundheitsinfos für Frauen im Netz, Datenschutz und digitale Gewalt gegen Frauen
mit Francesca Schmidt, Sonja Siegert und Brigitte Strahwald
Moderation: Ulrike Hauffe
Die Teilnehmerinnen
Francesca Schmidt ist Referentin für feministische Netzpolitik und befasst sich aus intersektional-feministischer Perspektive mit Fragen der Digitalisierung. Intensiv beschäftigt sie sich mit digitaler Gewalt, Überwachung und algorithmic bias.
Sonja Siegert ist freie Journalistin und lebt in Köln. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Themen der Frauengesundheit, unter anderem mit den Debatten um gewollte und ungewollte Kinderlosigkeit, Pränataldiagnostik sowie eine bessere Geburtshilfe. Ihr Fokus liegt dabei auf evidenzbasierten, bedarfsgerechten Gesundheitsinformationen im Internet. Sie hat als Referentin für Familienplanung und Verhütung für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und als Online-Redakteurin für das Portal www.gesundheitsinformation.de des IQWiG gearbeitet.
Brigitte Strahwald ist Anästhesistin, Epidemiologin und Grafikdesignerin mit zusätzlichem Abschluss in Medizinischer Ethik und Recht. Sie arbeitet im Bereich Gesundheitskommunikation, Informationsvisualisierung und digitale Gesundheit. Brigitte Strahwald ist Dozentin im Bereich Evidence-based Public Health an der LMU München und Geschäftsführerin einer Agentur für Gesundheitskommunikation.
13.15 – 14.15 Uhr Mittagspause
14.15 – 15.00
Theda Borde, Martha Engelhardt, Sybill Schulz
Bedeutung digitaler Medien für die Teilhabe von Geflüchteten und Immigrantinnen
Abstract
Obwohl v.a. seit der COVID-19-Krise vielfach praktiziert, ist die Nutzung digitaler Medien im Kontext der Gesundheit geflüchteter und immigrierter Frauen bisher kaum untersucht. Im Rahmen der DFG-geförderten ‚Analyse kontextueller Faktoren und Faktoren des Gesundheitssystems auf die Versorgung geflüchteter Frauen in Schwangerschaft und Geburt (PROREF), die derzeit in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen durchgeführt wird, konnten u.a. erste Erkenntnisse zur Bedeutung digitaler Medien für Frauen im Kontext der perinatalen Gesundheit gewonnen werden. Diese basieren auf qualitativen Interviews mit geflüchteten Müttern von Neugeborenen, Interviews mit Fachkräften aus der Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt sowie auf der Befragung von einheimischen Frauen, Immigrantinnen und geflüchteten Frauen in 3 Berliner Geburtskliniken und ergänzenden Fokusgruppen mit Sprach- und Integrationsmittlerinnen aus dem Bereich des Telefon- und Videodolmetschens sowie Integrationslotsinnen.
Dies ermöglicht uns die Bedeutung digitaler Medien (z.B. mehrsprachige Informationsmaterialien, Telefon- und Videodolmetschen, einfache und schnelle transnationale und überregionale Informations- und Austauschmöglichkeiten durch soziale Medien, Messenger und digitale Gruppen) für Immigrantinnen und geflüchtete Frauen sichtbarer zu machen. Darüber hinaus wird betrachtet, wie die Digitalität von Professionellen in ihrem Berufsalltag im Sozial- und Gesundheitswesen genutzt wird. Schließlich wird zur Diskussion gestellt, welche Strategien, Maßnahmen und Unterstützungsstrukturen notwendig sind, um die Potenziale der Digitalisierung für die Stärkung der Teilhabe von Frauen auszubauen.
Referentinnen
15.00 – 15.15 Uhr Kaffeepause
Impulsreferate mit Diskussion
Prof. Dr. Martina Stangel-Meseke
Brennpunkt Corona-Virus – rasante Digitalisierung – Auswirkungen auf Frauengesundheit
Abstract
Referentin
Sonja Siegert
Digitalisierte Selbstoptimierung
Abstract
Auch wenn gesundheitsbezogene Daten früher schon erfasst wurden (etwa in Zyklustabellen und Ernährungstagebüchern), bieten digitale Angebote ganz neue Möglichkeiten der „Selbstverdatung“, des Teilens und Vergleichens von Daten sowie der Kommunikation darüber. Welche Empowerment-Potenziale haben digitale Werkzeuge? Und wo liegen ihre Schattenseiten? Zum Beispiel kann durch unrealistische (Vor-)Bilder in digitalen Netzwerken Druck und Stress entstehen und allmählich eine Verschiebung dessen stattfinden, was gesellschaftlich als „normal“ oder „gesund“ gilt. Manche befürchten sogar eine Pflicht zur digital überwachten Gesundheit in einer Gesellschaft, in der zum Beispiel ein ungesunder Lebenswandel mit höheren Krankenkassenbeiträgen bestraft würde. Und wo besteht die Gefahr, dass digitale Angebote überkommene Geschlechterrollen reproduzieren oder Ungleichheiten sogar verschärfen?
Referentin
Erika Feyerabend
Gesundheitliche und genetische Daten – ein Mehr an Sicherheit oder an Überwachung mit Diskriminierungspotential?
Abstract
Wo diese Daten erhoben, verknüpft werden, Risikoziffern entstehen und welche schwierigen ethischen und biopolitischen Fragen sie aufwerfen, das aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren, ist Anliegen der Referentin.
Referentin
Maike Janssen
Digitaler Körper und informierte Einwilligung
Abstract
Am Fallbeispiel der digitalen Überwachung von chronisch kranken Patient*innen geht die Referentin der Frage nach, in welchem Kontext der informed consent eigentlich heute steht: Wie wird er eingesetzt? Was muss er leisten? Und auf welchen Körper bezieht sich die Einwilligung konkret: auf den physischen oder auf den kodifizierten Datenkörper der Patient*innen? Zuletzt: Welchen Unterschied macht das?
Kritisch hinterfragt wird, wie ein informed consent im heutigen Gesundheitssystem überhaupt zustande kommen kann. Als Spezialist*innen für den menschlichen Körper übernahmen bisher Ärzt*innen die Aufgabe, ihre Patient*innen über die eigens verordneten Eingriffe aufzuklären. Ein äußerst umfangreiches Unterfangen, das nur mit starken Verkürzungen und Auslassungen möglich war. Wenn nun telemedizinische Kontrollmöglichkeiten zunehmen, wenn der physische Körper als granularer „Zahlenkörper“ (Mathar, 2010) vorliegt und in verschiedene Cluster zerlegt auf internationalen Servern gespeichert wird – wie können die Beteiligten dann befähigt werden, einen informed consent herbeizuführen?
Referentin
Moderation: Ulrike Hauffe
17.15 Uhr
Zusammenfassung und Abschluss