Femizide in Deutschland verurteilen und stoppen

Femizide in Deutschland verurteilen und stoppen

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen – Gedenken an die ermordeten Frauen

End Violence Against Women Now. Bildnachweis: Alliance for Liberals and Democrats for Europe, Lizenz: Creative Commons CC BY-ND 2.0

Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF), das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und das Netzwerk Frauengesundheit Berlin machen erneut auf die hohe Anzahl von Frauen, die Todesopfer von Gewalt sind, aufmerksam. Femizide sind nicht zu tolerieren. Am 25. November 2018 gedenkt der AKF an die ermordeten Frauen und fordert alle verantwortlichen Stellen von Bund, Ländern und Kommunen auf, sich aktiv für einen Stopp der Gewalt, Sensibilisierung und Ressourcen, um Frauen zu schützen, einzusetzen.

Nach den Daten des Bundeskriminalamts zur Partnerschaftsgewalt (1) wurden im Jahr 2017 364 Frauen von ihrem Ehepartner oder Ex-Partner getötet. Das bedeutet, dass in Deutschland im Durchschnitt jeden Tag ein Mann seine Frau oder ehemalige Partnerin ermordet oder dies versucht. 11.839 Frauen wurden gefährliche und schwere Körperverletzungen zugefügt, davon 6 mit Todesfolge. Vor allem männliche (Ex-)Partner üben ein enormes und steigendes Ausmaß an Gewalt gegen Frauen aus (2).

Der AKF sieht diese Gewalt – auch in anderen westlichen Demokratien – als Ausdruck fortbestehender ökonomischer, sozialer und kulturell bedingter Ungleichheiten wie auch der Hierarchie zwischen den Geschlechtern. Femizid – Frauenmord – ist der Begriff, der sich inzwischen in vielen Ländern für den Tatbestand geschlechterspezifischer Tötungen etabliert hat.

Die öffentliche Debatte kann mit einer klaren Sprache das gesellschaftliche Bewusstsein auf den geschlechterbasierten Femizid lenken. Zu häufig wird Femizid noch als Beziehungsdrama oder Familientragödie verharmlost und damit als fast normal angesehen.

Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF), das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und das Netzwerk Frauengesundheit Berlin fordern daher die politisch Verantwortlichen in den Gemeinden, den Ländern und dem Bund sowie die Medien dazu auf:

  • Die Sprache in der medialen Berichterstattung zu ändern: Gewalt an Frauen muss als Gewalt an Frauen benannt werden.
  • Die Daten in der Statistik aussagekräftig zu machen: zwischen versuchter und vollendeter Tat muss unterschieden werden. Die Daten müssen, wie es die von Deutschland ratifizierte Istanbul-Konvention fordert, zeitnah veröffentlicht werden.
  • Von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen zu schützen:
    • Sofort Schutz bieten durch ausreichenden und schnellen Zugang zu Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen
    • Durch die Verbesserung des Zugangs zu Beratungsstellen, um ihre Situation und ihre Handlungsmöglichkeiten abzuklären
    • Durch angemessene rechtliche und therapeutische Beratung und Begleitung.

Hintergrund

Geschlechterspezifische Tötungen von Frauen und tödlich endende Gewalt in der Partnerschaft stellen das Ende einer oft lange andauernden Gewalteskalation dar. Auch in Deutschland sind sie Realität.

Die UN erklärte 1999 mit der Resolution 54/134 den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Schon 1981 hatten lateinamerikanische und karibische Feministinnen den 25. November als Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen ausgerufen. Anlass war die Ermordung der drei Schwestern Mirabal, die als Gegnerinnen der Diktatur am 25.11.1960 in der Dominikanischen Republik ermordet wurden. Sie wurden zum Symbol für den Widerstand.

Die mediale Berichterstattung verwendet bei Tötungen durch Partner sehr häufig Begriffe, die das die Verbrechen nicht beim Namen nennen. Die Länder Mexiko, Peru oder Argentinien verwendeten erstmals die Begriffe Femizid oder auch Feminizid, als Tötung von Frauen wegen ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht (Geschlechtermord). Sie bezeichnen in der Gesetzgebung geschlechtsspezifische Tötungen als Femizid.
Die Mordmotive werden in der bundesdeutschen Statistik nicht erfasst. Frauen, die von Männern getötet wurden, mit denen sie nicht in einer Beziehung lebten – also von einem Verwandten, Bekannten oder einem Fremden  – werden in dieser Zählung ebenfalls nicht erfasst.

Geschlechterspezifische Tötungen von Frauen in (Ex-)Partnerschaften erfolgen in Form von Mord, Totschlag, Vergewaltigung und sexueller Nötigung mit Todesfolge sowie Körperverletzung mit Todesfolge.

In Deutschland kann das Ausmaß von Partnergewalt nur näherungsweise über sogenannte Dunkelfeldstudien erfasst werden, die versuchen, die Differenz zwischen amtlich erfasster und tatsächlich begangener Kriminalität zu untersuchen. Denn diese Straftaten werden tabuisiert, sie sind oft nicht sichtbar oder nur unzureichend polizeilich erfasst (2). Die von Deutschland am 12. Oktober 2017 ratifizierte Istanbul-Konvention verpflichtet die Bundesregierung, genauere Daten über Gewalt gegen Frauen zu erheben und eine Stelle zu unterstützen, die diese Daten auswertet und zeitnah öffentlich zugänglich macht (3).

Der AKF fordert die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention, jetzt.

Zahlen des BMFSFJ 2018 (4)

  • Vorsätzliche, einfache Körperverletzung: knapp 69.000
  • Bedrohung: über 16.700
  • Gefährliche Körperverletzung: rund 11.800
  • Bedrohung, Stalking, Nötigung: knapp 29.000
  • Freiheitsberaubung: über 1.500
  • Mord und Totschlag: 364

Quellen:
1. BKA Bundeskriminalamt (2018): Partnerschaftsgewalt. Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2017. https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html
2. Schröttle, Monika (2017): Gewalt in Paarbeziehungen. Expertise für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundes-regierung. https://www.gleichstellungsbericht.de/kontext/controllers/document.php/35.b/6/895b92.pdf
3. Europarat (2011): Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und erläuternder Bericht. https://rm.coe.int/1680462535
4. BMFSFJ (2018): https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/haeusliche-gewalt/haeusliche-gewalt/80642

Weitere Informationen zum Thema

Gewalt gegen Frauen

Ansprechpartnerin

Dr. Silke Schwarz
Stellvertretende Vorsitzende, Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V.

Download

Femizide in Deutschland verurteilen und stoppen: Zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen – Gedenken an die ermordeten Frauen (pdf)

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