Internationaler Aktionstag Frauengesundheit 2020: Offener Brief “Ein Frauenmord ist kein Einzelfall und kein Versehen!” – Frauenorganisationen fordern die lückenlose Aufklärung der Ermordung von Besma A.

Internationaler Aktionstag Frauengesundheit 2020: Offener Brief “Ein Frauenmord ist kein Einzelfall und kein Versehen!” – Frauenorganisationen fordern die lückenlose Aufklärung der Ermordung von Besma A.

Logos der Erstunterzeichner des Offenen Briefes für Besma A.

Die Erstunterzeichnerinnen des Offenen Briefes: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – Frauen gegen Gewalt (bff), Frauenhauskoordinierung, Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF), Deutsche Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF), Terre des Femmes, medica mondiale e.V., Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V., Solwodi und Deutscher Frauenring e.V. Bildnachweis: AKF

Am 15. April wurde Besma A. von ihrem Ehemann C. A. in Einbeck/Niedersachsen erschossen. Der Ehemann rief danach die Feuerwehr an und erklärt, er habe seine Frau aus Versehen erschossen. Da der Täter unter massivem Alkoholeinfluss gestanden habe, erklärte ein Arzt ihn als nicht haftfähig und C.A. wurde in ein Krankenhaus gebracht. Da keine Vorbestrafungen vorlagen, haben ihn die zuständigen Behörden auf freien Fuß gesetzt.

In einem Offenen Brief kritisieren über 150 Unterzeichnerinnen, dass bekannterweise einem Mord an einer Frau durch ihren Ehemann oder Partner zumeist eine lange Geschichte von Gewalt in den Beziehungen vorausgeht. Sie geben an: „In Deutschland kommt es jeden Tag zur versuchten Tötung einer Frau durch Männer in ihrem engen sozialen Umfeld – meist den Partner oder Ex-Partner. Jeden 2.-3. Tag stirbt eine Frau durch diese Gewalt. (…) Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung als Frauenberatungsstellen wissen wir, dass die Tötung der Ehefrau im eigenen Haushalt mit einer illegal erworbenen Waffe kein Versehen ist.“ Sie befürchten, dass die Verharmlosung von Gewalt gegen und Morden an Frauen eben diese befördert und zu einer stärkeren Verbreitung von Gewalt führt.

Die Gewalt gegen Frauen und die Gewalt gegen Männer unterscheiden sich grundsätzlich darin, dass Frauen aufgrund dessen angegriffen werden, dass sie Frauen, Partnerin oder ehemalige Partnerin sind. Der geschlechtsspezifische Mord an Frauen ist der Femizid und wird derzeit statistisch nicht erfasst, medial werden sie als Familiendramen, psychologische Aussetzer von Männern und bei den Untersuchungen scheint es manchmal als würde schnell eine Entschuldigung gesucht werden, was die Frau vor ihrer Ermordung alles für Fehler begangen haben soll, statt zu untersuchen, dass der Mann selbst ein falsches Verständnis von Partnerschaft hat.

„Als Frauenorganisationen und Verbände wissen wir, wie schwierig eine Trennung und Scheidung für die betroffenen Frauen tatsächlich ist. Soziale, finanzielle und emotionale Abhängigkeiten stehen im Konflikt mit einem Entschluss für ein gewaltfreies Leben. Viele Frauen leben jahrelang mit der Gewalt, teilweise mit einem persönlichen Sicherheitsplan für Situationen, in denen die Konflikte unerträglich und lebensgefährlich werden.“

Dementsprechend fordern die Unterzeichnerinnen von der Bundesministerin für Justiz Christine Lambrecht, der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Franziska Giffey, dem Bundesinnenminister Horst Seehofer, der Niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza, der Niedersächsischen Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Carola Reimann, dem Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport Boris Pistorius sowie der Staatsanwaltschaft Göttingen „in expliziter Berücksichtigung der Signalwirkung für alle Frauen und Männer in diesem Land eine lückenlose Aufklärung des Femizides an Besma A.“ sowie allen anderen Morden an Frauen, eine stärkere Finanzierung des Unterstützungsangebotes für Frauen, Sensibilisierungsmaßnahmen für Behörden- und Gerichtsmitarbeiter*innen, eine Sichtbarmachung in den Statistiken, eine Anpassung der Gesetze und die sofortige Umsetzung der Istanbuler Konvention.

Die Initiatorinnen der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. und die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V. konnten mit den 9 Erstunterzeichnerinnen (Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – Frauen gegen Gewalt (bff), Frauenhauskoordinierung, Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF), Deutsche Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF), Terre des Femmes, medica mondiale e.V., Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V., Solwodi und Deutscher Frauenring e.V.) und alle weiteren Unterzeichnerinnen ein breites Spektrum an Arbeitsfeldern für den Offenen Brief gewinnen.

Diesen Brief haben auch zahlreiche Familienangehörige von ermordeten Frauen unterzeichnet. Teilweise sind die Verfahren der Mörder der Frauen aus ihrer Familie noch nicht abgeschlossen. Umso mehr kritisieren sie, dass es angesichts der Tat eine große Aufmerksamkeit gibt, dass sich jedoch die Gesellschaft und Medien kaum dafür interessieren, inwieweit den Ermordeten Gerechtigkeit widerfährt durch eine entsprechende Bestrafung der Täter.

Die Frauen und Frauenorganisationen fordern bereits seit langem in ihren menschenrechtlichen, frauenrechtlichen, gesundheitlichen, therapeutischen, politischen, künstlerischen und juristischen Arbeitsfeldern, einen anderen Umgang mit Taten wie der Ermordung einer Frau oder auch Gewalt gegen Frauen. In dem Offenen Brief erklären sie gemeinsam, dass sie die Ermordung von Besma A. nicht hinnehmen und eine lückenlose Aufklärung erwarten.

Pressekontakt

Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V.
E-Mail: ezidischer-frauenrat@web.de
Telefon: 0163-1162269
Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V.
E-Mail: feminizid@utamara.org
Telefon: 02644-602424

Download

Offener Brief vom 28.05.2020 mit Erstunterzeichnerinnen: Ein Frauenmord ist kein Einzelfall und kein Versehen! (pdf)

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