AKF setzt sich für die leitliniengerechte Weiterentwicklung von Gesundheitsinformation zur Verhütung ein

AKF setzt sich für die leitliniengerechte Weiterentwicklung von Gesundheitsinformation zur Verhütung ein

Stellungnahme des „Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF)“ anlässlich des Fachtags „Informiert verhüten: Pille, Spirale, Zyklus-Apps und Co.“ am 23.3.2019 in Berlin  

Fachtag: Informiert verhüten – Charité Berlin – 23.03.2019

In Medien und sozialen Netzwerken wird immer wieder kritisch über die hormonelle Verhütung diskutiert. Frauen berichten von Nebenwirkungen wie Thrombosen, Depressionen oder Libidoverlust. Sie kritisieren die mangelhafte ärztliche Aufklärung und fragen sich, wie sie überhaupt auf dieser Grundlage eine informierte Entscheidung über die Art der Verhütung treffen sollen.

Diese Kritik nahm der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) zum Anlass, um gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen über die heutige Praxis der Verhütung zu diskutieren, den Forschungsstand zusammenzutragen und Kriterien für wissensschaftsbasierte Gesundheitsinformation zu Verhütungsmitteln zu erörtern.

Mit dieser Zielsetzung richtete der AKF einen Fachtag „Informiert verhüten: Pille, Spirale, Zyklus-Apps und Co.“ am 23. März 2019, an der Charité, Berlin, aus. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Fachbereich Patienteninformation und Patientenbeteiligung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) gestaltet (www.ebm-netzwerk.de/was-wir-tun/fachbereiche/patienteninformation).

An der Tagung nahmen etwa 200 Frauen und einige Männer aus unterschiedlichen Berufsgruppen, wie Beratung, Medizin, Sozialpolitik und Medien teil. Der Fachtag machte deutlich, dass Frauen, die informiert verhüten wollen, zu vielen ihrer Fragen keine angemessenen Informationen vorfinden. Trotz der Fülle an Angeboten, die sich in sozialen und anderen Medien finden, fehlen oft qualitativ hochwertige, vertrauenswürdige Materialien, die erst individuelle gute Entscheidungen ermöglichen.

„Selbst das Informationsmaterial der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat noch viele Lücken und der AKF würde gerne beratend für eine Verbesserung zur Seite stehen. Die Plattform gesundheitsinformation.de bietet zwar insgesamt hochwertige wissenschaftsbasierte Informationen, jedoch wenig zu Themen der Verhütung,“ – so Professorin Ingrid Mühlhauser, die Vorsitzende des AKF und Sprecherin des Fachbereichs Patienteninformation im EbM Netzwerk. „Frauen und Männer brauchen evidenzbasierte Gesundheitsinformationen und Entscheidungshilfen zu allen Verhütungsmethoden. Das gilt auch für die BeraterInnen in bundesweit oder regional arbeitenden Beratungsstellen.

Kriterien für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen liegen vor, ebenso eine Leitlinie zur Erstellung von Gesundheitsinformationen. Anbieter von Verhütungsmethoden sind gefordert, die Wünsche und gesetzlich verankerten Rechte der Bürger und Bürgerinnen zu respektieren und Informationsmaterialien nach diesen Kriterien bereit zu stellen. Der AKF hat ein entsprechendes Methodenpapier auf seiner Website bereit gestellt, das aufzeigt, welche Kriterien auch bei Verhütungsinformation berücksichtigt werden müssen.

Die TeilnehmerInnen des Fachtags „Informiert verhüten“ identifizierten verschiedene Bereiche, die die Informationsbereitstellung verbessern könnten.

Der AKF stellt folgende Forderungen:

  • Zum Wissensmanagement: Medizinische Leitlinien sollten einen wichtigen Beitrag zur informierten Entscheidung leisten. Die S3-Leitlinie „Hormonelle Verhütungsmethoden“ ist immer noch nicht veröffentlicht. Der AKF nahm kritisch zur Konsultationsfassung der Leitlinie Stellung. Ein Hauptproblem ist deren fehlende Aktualität. Die systematische Literaturrecherche wurde im Februar 2016 durchgeführt. Zahlreiche Fragen, die junge Frauen nach hormonfreier Verhütung haben, können mit der Leitlinie nicht beantwortet werden. Zudem sind die Daten nicht geeignet als Grundlage für individuelle informierte Entscheidungen. Frauen brauchen daher evidenzbasierte Entscheidungshilfen, in denen die wichtigsten Vorteile und Nachteile der einzelnen Methoden verständlich aufbereitet dargestellt werden. [1]
  • Die TeilnehmerInnen des Fachtags mussten feststellen, dass zu vielen Fragen rundum Verhütung qualifizierte Antworten fehlen. Der AKF fordert deshalb vertrauenswürdige, aussagekräftige und Pharmaindustrie unabhängige Studien. Das Forschungsdesign der Studien muss sich mehr an den Bedürfnissen und dem gesundheitlichen Wohlergehen von Frauen orientieren. Außerdem müssen die Studiendaten in verständlicher Form der Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden.
  • Natürliche Verhütungsmethoden, die zunehmend von sogenannten Verhütungs-Apps unterstützt werden, müssen bevor sie auf den Markt kommen, wissenschaftlich getestet werden. Nur so ist eine individuelle Nutzen-Schaden Abwägung möglich. Neue Methoden sollten erst nach klinischen Studien mit aussagekräftigen Studienprotokollen eingesetzt werden.

Der AKF fordert das Bundesministerium für Gesundheit auf, die strukturellen Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Frauen in Deutschland wissenschaftsbasierte unabhängige, vollständige und verständliche Gesundheitsinformationen erhalten, um informierte Entscheidungen über Verhütungsmethoden treffen zu können. Ebenso müssen Studien finanziert werden, die geeignet sind, die vielen offenen Fragen der Frauen zu beantworten.

Das Bundesministerium für Gesundheit wird dringend gebeten, den zweiten Teil der S3 Leitlinie zu hormonfreier Verhütung zu beauftragen. Die Leitlinie sollte jedoch das Konzept von S4-Leitlinien befolgen.

[1] Der AKF hat dies – exemplarisch für Frauen mit Brustkrebs – bereits im Jahr 2015 an den damaligen Gesundheitsminister Gröhe adressiert, s. dazu; „Patientinnenorientiert, evidenzbasiert, modular und digital: Frauengesundheitsnetzwerke fordern S4-Leitlinien für bessere Entscheidungsfindung in der Brustkrebsversorgung“ (https://www.arbeitskreis-frauengesundheit.de/wp-content/uploads/2016/02/Groehe.pdf)

Ansprechpartnerin für die Presse

Prof. Dr. med. Ingrid Mühlhauser: Ingrid_Muehlhauser@uni-hamburg.de, buero@akf-info.de

Der Fachtag wurde veranstaltet vom Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V.. (AKF) und dem Fachbereich Patienteninformation und -beteiligung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM).

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